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Von: Ralf G.

Hallo,
Anfang der 1970-er Jahre wurde auch ich, in gutem Glauben meiner Eltern aufgrund mehrfacher Empfehlungen der Krankenkasse und des Hausarztes, in diese Anstalt geschickt. Ich bin heute 53 Jahre alt, habe die traumatischen Erlebnisse aber nie verdrängen können und sie haben sicherlich mein späteres Leben entscheidend geprägt und begleitet.

Wie in allen Beschreibungen erinnere ich mich auch daran, dass Mitleidende sich am Essen erbrochen hatten und dann einen neuen, vollen Teller vor die Nase gestellt bekamen und aufessen mussten. Ich weiß auch noch, dass von einem Apfel beispielsweise nur der Stiel übrig bleiben durfte. Das Kerngehäuse und alles andere musste zwingend aufgegessen werden.

Bei der Ankunft gab es rechts vom Haus, in einer Einfahrt, eine Art Appel, in dem alle und alles was sie bei sich hatten kontrolliert wurde.

Genug Toiletten waren lediglich im Keller vorhanden. Für die ca. 20 inhaftierten Kinder im Dachgeschoß gab es dort nur eine Toilette, so kam es auch, dass ich es eines Tages nicht rechtzeitig schaffen konnte dort hin zu kommen und mir in die Hosen gepisst habe. Zwar hatte ich genug Unterhosen dabei, durfte sie aber nicht wechseln. Na ja… nach einem halben Tag ist die Hose ja dann auch wieder trocken.

Ich erinnere mich auch noch daran, dass wir an einem der ersten Tage dort, in einen gefliesten Raum im Keller geführt wurden, uns ausziehen mussten, uns in einer Reihe, mit dem Gesicht zur Wand, nebeneinander aufstellen mussten und dann aus einem Schlauch mit einem eiskalten, hartem Wasserstrahl abgespritzt wurden.

Wie das zwischen Jungs in dem Alter so ist, gab es auch mal Reibereien. Dummerweise hatte ich eine und wir beide wurden dafür prompt bestraft. Die „Tante“ ließ uns die Hosen ausziehen, uns nacheinander auf Ihren Schoß legen und dann gab es Prügel auf den nackten Arsch mit einem hölzernen Kleiderbügel. Wahrscheinlich ging ihr dabei echt einer ab…

Rückblickend betrachtet glaube ich, dass ich in diesen 6 Wochen meiner Kindheit dermaßen traumatisiert wurde, dass ich bis heute nie in der Lage war irgend eine Art von Selbstvertrauen aufzubauen und sich das maßgeblich auf meine berufliche Karriere ausgewirkt hat, denn ich habe mich bis heute nie getraut meinen Heimatort zugunsten eines guten Jobs zu verlassen, was für viele meiner Freunde, denen damals keine Kur verordnet wurde, überhaupt nie ein Thema war.

Aber so war das halt mit der damaligen “FÜRSORGE“. Hat ja damals unseren Eltern auch niemand garantiert, dass es ihren Kindern nach der “ERHOLUNGSKUR“ besser gehen wird…

Gruss – Ralf


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